Auf seinem letzten Album „Love Rides A Dark Horse“ (2017) hat der Amerikaner Gill Landry (auch unter seinem Bühnennamen Frank Lemon bekannt) bereits angedeutet, welch großes Songwriterpotenzial als Solist in ihm steckt. Das ehemalige Bandmitglied der Old Crow Medicine Show ließ mit einigen sehr schönen Songs wie „Denver Girls“, „The Woman You Are“ oder Berlin“ aufhorchen.
Mit seinem gerade veröffentlichten Longplayer „Skeleton At The Banquet“ legt der 44jährige nun ein Americana-Werk der Extraklasse vor, das sich sofort in meine Favoritenliste für dieses Jahr katapultiert hat. Album Nummer fünf lebt davon, dass sich Landrys Songwriting auf hohem Niveau weiterentwickelt hat, die Lieder noch packender geworden, noch spannender arrangiert und in der Tonalität noch etwas dunkler gefärbt sind mit einem Feeling der späten Alben von Countrylegende Johnny Cash.
„Skeleton At The Banquet“ ist aus einem Guss, neun hochkarätige Songs, die Amerika und die Liebe reflektieren und auf melancholische Weise inszenieren. Landry selbst singt, spielt Gitarre, Pedal Steel, Keyboards und Harmonica, zur Seite stehen ihm auf diesem großen Wurf Seth Ford-Young am Bass, der das Album auch mitproduziert hat, Josh Collazo (Drums), Stewart Cole (Trumpet) und Odessa Jorgensen (Violin).
Geschrieben hat Landry die neuen Songs in Frankreich, wo er in einem Dorf namens Meschers-Sur-Gironde laut eigener Angaben von Baguettes, billigem Wein und der Großzügigkeit der Nachbarn gelebt hat. Interessant sind seine Reflexionen über diese Zeit und wie dieser Rückzug aus der gewohnten Welt sein Songwriting beeinflusst hat:
„… I WAS LOOKING FOR A PLACE TO HIDE BEFORE HAVING TO RETURN TO THE STATES. UNABLE TO SPEAK FRENCH IN ANY TRULY USEFUL CAPACITY AND BEING UNPLUGGED DURING THE MONTH I SPENT THERE, I HEARD LITTLE NEWS OF THE OUTSIDE WORLD, WHICH WAS WELCOMED. THE VILLAGE WAS QUIET AND CALM MOST DAYS AND EVERY NIGHT. ITS STREETS STEEPED IN ANTIQUITY AND VISIONS OF ANOTHER TIME AND SPACE. I COULD GO ON FOR AGES ABOUT MY EXPERIENCE THERE BUT LET’S JUST SAY THIS ALL GAVE ME AN OBJECTIVITY I DIDN’T EVEN KNOW I WAS LOOKING FOR AND LED TO ME WRITING THIS SERIES OF REFLECTIONS ON THE COLLECTIVE HALLUCINATION OF AMERICA AND A FEW LOVE SONGS FOR GOOD MEASURE.”
Die Klammer des Albums bilden zwei Liebeslieder – ein Handwerk, das Landry perfekt beherrscht, mit emotionaler Tiefe und Wärme, ohne zu viel Pathos oder Weinerlichkeit. „I Love You Too“ als Intro nimmt einen gleich mit auf die Gefühlsreise des Musikers. Der Song klingt, als käme ein Cowboy nach endlos langem Ritt nach Hause zu seiner Liebsten, die ihn sehnsüchtig erwartet. Im finalen, wunderbar zarten und spannungsvollen „Portrait Of Astrid (A Nocturne)“ gelingt es Landry sogar, ganz ohne Gesang seine Emotionen tatsächlich wie ein musikalisches Bild zu malen.
Nur zwei Beispiele für die enorme Sogkraft dieses Albums, dass das Beste von Folk und Country zu einem Meisterwerk des Genres vereint, das meiner Einschätzung nach einen Grammy in der Kategorie Americana verdient hätte. Der perfekte Soundtrack für lange Fahrten auf endlosen Highways.